Revolution Train 2025.09.28 SZ Artikel

Revolution Train: Suchtprävention die polarisiert!

3500 Jugendliche aus dem Kreis Segeberg und aus Lübeck haben den Anti-Drogen-Zug besucht, aber er ist nicht unumstritten. Artikel in der Segeberger Zeitung vom 16.10.2025, Seite 27.

Kreis Segeberg. Gerade war der tschechische Anti-Drogen-Zug „Revolution Train“ in Bad Segeberg, Norderstedt, Bad Bramstedt und hat einen Stopp in Lübeck gemacht. In sechs Waggons wird die wahre Geschichte einer Clique, der Einstieg in die Sucht und deren Konsequenzen in eindringlichen Bildern und Szenen nacherzählt. 3500 Jugendliche aus der Region, alle im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, haben ihn durchlaufen.

Linus Beyer (18) aus Weede, der als Teamer Segeberger Schülerinnen und Schüler durch den Zug begleitet hat, sieht in der Abschreckung, anders als Kritiker, einen wichtigen Teil, um zu zeigen, was Drogen anrichten können. „Die Jugendlichen empfinden das als viel anschaulicher als jemanden, der vier Stunden lang an der Tafel steht und was erklärt.“ Es gehe bei dem Projekt ums Hinsehen, nicht wegschauen oder ignorieren.

„Der Revolution Train ist ein großartiger Baustein, um Jugendliche frühzeitig zu erreichen, sie emotional zu berühren und ihnen dabei zu helfen, eigene, gesunde Lebensentscheidungen zu treffen“, fasste Kaltenkirchens Bürgermeister Stefan Bohlen zusammen. Er freue sich, durch die Unterstützung der Stadt vielen den Zugang zu diesem eindrucksvollen Suchtpräventionsprojekt ermöglichen zu können. „Ich habe noch nie ein so gutes Präventionsprojekt gesehen“, sagte Mashood Khan, Sozialpädagoge aus Norderstedt schon vorher. Ein Schulleiter vom anderen Ende der Republik, Christian Ehrenreich aus Bayern, lobte den Ansatz, „weil er authentisch ist, weil eine ganz persönliche Geschichte erzählt wird und sich die Kinder mit den Personen auseinandersetzen müssen“. Henstedt-Ulzburgs Lions-Club-Präsidentin Andrea Manke-Scheppelmann ergänzte nach einer Spende von 2000 Euro für das Projekt: „Der Zug ist ein starkes und überzeugendes Projekt für Aufklärung und Prävention – genau hier bei uns vor Ort.“

Das Gesundheitsamt der Stadt Lübeck warnte dagegen in einer E-Mail an Schulen der Hansestadt, dass der Revolution Train kein zeitgemäßes Suchtpräventionsprojekt sei und riet nachdrücklich vom Besuch ab. Die Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein, ein Verein, dem mehr als 30 Verbände und Institutionen mit eigenen Projekten angehören, gab nicht nur zu bedenken, „ob das Einkaufen solcher Projekte bei vorhandenen kommunalen Strukturen der Suchtprävention denn wirklich notwendig ist?“ Ihr Geschäftsführer Björn Malchow bezeichnete den Revolution Train gar als Geisterbahn. „In Bayern und anderswo ernten wir großes Lob, die DAK und Politiker dort unterstützt den Zug. Hier sind es Städte, Lions, kleine Vereine, Firmen. Wir sind 40 Ehrenamtliche, die das machen. Aber von ‚oben‘ gibt’s nur Kritik, oft ohne den Zug besucht zu haben. Ich weiß nicht, was wir in Schleswig-Holstein falsch machen“, fasst Mitinitiator Jürgen Schlichting aus Rickling zusammen. Seit Langem engagiert er sich in der Drogenprävention. Die noch zu Jahresbeginn sich abzeichnende Finanzlücke sei zum Glück durch Spenden und Verzicht auf einen längeren Stopp so stark zusammengeschrumpft, dass man klarkäme. Anfang November wolle man sich zusammensetzen, um eine neue Strategie zu erarbeiten, sagt Schlichting: „Wir sind nur ein kleiner Puzzlestein in der Prävention, aber wenn dadurch nur ein Jugendlicher gerettet wird, ist es das wert.“

Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen entstehen der Gesellschaft volkswirtschaftliche Kosten von mehr als 150 Milliarden Euro jährlich allein durch Alkohol- und Tabakkonsum. Der aktuelle Weltdrogenbericht geht von 316 Millionen Menschen weltweit aus, die Drogen nehmen und nennt dies einen historischer Höchststand.

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